Entwicklung und Förderung der Lesekompetenz bei Schüler:innen mit Hörbeeinträchtigungen

lesebücherFachlicher Input:

Jede Hörbeeinträchtigung hat Auswirkungen auf die Sprachentwicklung des Kindes. Für die betroffenen Kinder ist die Lesekompetenz für ihre Sprachentwicklung von zentraler Bedeutung.

Der Wortschatz des Kindes ist geringer als der von hörenden Kindern, die sprachliche Ausdrucksweise ist beeinträchtigt. Für das sinnerfassende Lesen ist ein gewisser Wortschatz notwendig. Wenn dieser aufgrund der Hörbeeinträchtigung noch nicht vorhanden ist, ist die Lesekompetenz beeinträchtigt. In diesem Fall ist Wortschatzarbeit notwendig.

 

Um den Wortinhalt besser zu verstehen, werden dem Kind das Schriftbild und der Höreindruck angeboten. Das Schriftbild unterstützt den beeinträchtigten Höreindruck sehr und gibt Sicherheit fürs Verstehen. Das wird schon in der Frühförderung eingesetzt und erleichtert das Mitkommen im Unterricht!

 

Auswahl des Lesestoffs:

 

Der Lesestoff soll dem Alter des Kindes (und nicht dem Sprachstand des Kindes) entsprechen. Wenn der Text sprachlich zu schwierig ist, kann man ihn sprachlich vereinfachen (siehe Beispiel unten). Wenn der vereinfachte Text verstanden wird, kann in einem weiteren Schritt der Originaltext angeboten werden.

 

Neue Wörter und Wendungen bitte erklären! Jede neue Wendung, jedes neue Wort ist für das Kind mir Hörbeeinträchtigung ein Gewinn!

Es ist zu empfehlen, weniger Texte zu lesen, diese jedoch zu erklären und ausführlich zu bearbeiten.

 

Praktisches Beispiel: 3. Klasse Volksschule, Lesetext aus dem Sprachbuch „federleicht 3“:

 

Minus Drei wünscht sich ein Haustier

„Ein Haustier“, rief Mama Drei. „Das kommt mir ganz bestimmt nicht in die Höhle!“

„Bitte“, bettelte Minus. „Bitte, bitte. BITTE!“

„Auf keinen Fall!“

„Nur ein winziger Bronto? Oder ein klitzekleiner Flugsaurier?“

„Und wer bitte schön macht den Käfig für deinen Flugsaurier sauber? Und wer geht mit dem Bront spazieren? Hm?“, schimpfte Mama. „Das bleibt dann wieder alles an mir hängen! Schau dir doch nur dein Zimmer an. Wer räumt das denn aus?“

„Das hat damit nichts zu tun!“, rief Minus.

Manchmal war Mama völlig unlogisch.

„Kein Haustier, und damit basta“, sagte Mama.

Minus seufzte. Wie konnte Mama nur so gemein sein!  Dabei wünschte er sich doch nur eines im Leben – ein Haustier. Sogar mit einem Urfisch wäre er zufrieden.

„Ich werde euch beweisen, dass ich mich sehr wohl um ein Tier kümmern kann“, murmelte Minus wütend. Und schon bald hatte er einen Plan...

 

Wortschatzarbeit:

 

Das kommt mir nicht in die Höhle! = Das erlaube ich nicht!

betteln = bitte, bitte

winzig = sehr klein

klitzeklein = sehr, sehr klein

Alles bleibt an mir hängen! = Ich muss es machen, es macht niemand.

Mama ist unlogisch = ich versteh Mama nicht

Urfisch = ein kleiner Fisch

sich um ein Tier kümmern = für ein Tier sorgen

 

Den Text in einfacher Sprache anbieten:

 

„Ein Haustier“, rief Mama Drei. „Das erlaube ich nicht!“

„Bitte“, bettelte Minus. „Bitte, bitte. BITTE!“

„Nein!“

„Einen winzigen Bront? Oder einen kleinen Flugsaurier?“

„Wer macht den Käfig sauber? Wer geht mit dem Bront spazieren?“, schimpft Mama. „Das muss dann ich machen. Du räumst auch nicht dein Zimmer auf, schau!“

„Das hat damit nichts zu tun!“, rief Minus.

Manchmal versteht er Mama nicht.

„Ich sage nein!“, sagte Mama.

Minus seufzte. Das ist gemein. Er möchte so gern ein Haustier! Er ist auch mit einem Fisch zufrieden.

„Ich werde euch beweisen: ich kann mich um ein Tier kümmern!“, murmelte Minus. Er war wütend. Er macht einen Plan...

 

 

 

 

Mag. Sieglinde Schönauer - Mair
Fachbereich für Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik
Beratungslehrerin im Bereich Hören

 

Zielgruppe