Silviane Scharl, Jungsteinzeit
„Die Jungsteinzeit (Neolithikum, älteste Daten aus Südosteuropa im 7. Jahrtausend v. Chr.) ist die Epoche der europäischen Prähistorie, in der die Menschen sesshaft werden und beginnen, Landwirtschaft zu betreiben.“ (S. 7)
In zwölf Kapiteln werden die wichtigsten Bereiche, Merkmale und Errungenschaften des Neolithikums von den Anfängen der bäuerlichen Wirtschaftsweise im Vorderen Orient, über die Produktion von Keramik bis hin zu Sozialstruktur, Handel, Monumentalwerken und Erfindungen wie Rad, Wagen und Kupfermetallurgie vorgestellt. Daneben stellt das Buch die wichtigsten Werkzeuge und Methoden der Erforschung der Jungsteinzeit vor.
Die Epoche der Jungsteinzeit wird im Rahmen von Themenfeldern mit dem Fokus auf den mitteleuropäischen Raum behandelt, wobei immer wieder auf bedeutende und spektakuläre Funde und Entdeckungen, wie z.B. den Fund des „Ötzis“, der Gletschermumie vom Hauslabjoch, detailliert eingegangen wird.
Zu Beginn werden die Anfänge der bäuerlichen Wirtschaftsweise im Vorderen Orient vor mehr als 10.000 Jahren aufgezeigt, in deren Mittelpunkt die eigenständige Produktion von Lebensmitteln steht, sei es durch den Anbau von Pflanzen oder die Domestikation von Wildtieren. Die Zahl der so domestizierten Pflanzen und Tieren war zu Beginn aber noch sehr gering. Die Eingriffe der Menschen führten langfristig zu Veränderungen im Genmaterial der Tiere und Pflanzen, aber auch zu markanten Veränderungen unserer Ernährungsgewohnheiten und Formen des sozialen Zusammenlebens.
Die Anfänge der Nahrungsmittelproduktion, die in unterschiedlichen Zeiträumen in fast allen Teilen der Welt eigenständig aufgetreten sind, werden als weltweites Phänomen detailliert aufgezeigt.
Für den mitteleuropäischen Raum werden die letzten Jäger- und Sammler-Gesellschaften in ihrer Bedeutung speziell gewürdigt und ihre Bedeutung für die Neolithisierung Mitteleuropas hervorgehoben. In der Jungsteinzeit, für diesen geographischen Raum mit der zweiten Hälfte des 5. Jahrtausends angesetzt, tauchen Gebrauchsgegenstände mit Bandkeramik auf, die im südöstlichen Mitteleuropa bereits in der Mitte des 6. Jahrtausends verwendet wird. Die Ausbreitung jungsteinzeitlicher Wirtschaftsweise kann auch mit Hilfe genetischer Analysen näher bestimmt werden.
Nicht weniger interessant zeigt sich die Rekonstruktion der jungsteinzeitlichen Familien- und Sozialstruktur aber auch neueste Erkenntnisse über Folgeerscheinungen wie Gewalt und Krieg, sowie Bestattungspraktiken, Krankheiten und über die Lebenserwartung der Menschen in dieser Zeit. Daneben werden auch die wichtigsten Zeugnisse für den Handel von Gütern sowie Kommunikationsnetzwerke erläutert und die Bedeutung, Gewinnung und Nutzung des Feuersteins, als wichtigstes Material für Werkzeuge im Neolithikum, vorgestellt.
Zum Abschluss wird auf die wichtige Rolle großer Monumente der Jungsteinzeit wie Erdwerke und Megalithanlagen eingegangen und kommen wichtige technische Innovationen zur Sprache, wie die Erfindung von Rad und Wagen sowie Entwicklungen in der Metallurgie, die Auswirkungen bis in unsere Gegenwart zeigen und den weiteren Verlauf der Geschichte der Menschheit nachhaltig beeinflusst haben.
Ein kleines Glossar, ein umfangreiches Literaturverzeichnis sowie ein Personen- und Sachregister runden das informative und kompakte Sachbuch ab, das durch seine klare Struktur und verständlich vermittelte Sachkenntnis ebenso zu überzeugen weiß, wie durch seine anschaulichen Illustrationen. Ein überaus empfehlenswertes Sachbuch für alle, die sich für diese spannende Phase der ausgehenden Steinzeit, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Mitteleuropa interessieren.
Silviane Scharl, Jungsteinzeit. Wie die Menschen sesshaft wurden
Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2021, 330 Seiten, 35,00 €, ISBN 978-3-17-036740-1
Weiterführende Links:
Kohlhammer Verlag: Silviane Scharl, Jungsteinzeit
Wikipedia: Silviane Scharl
Andreas Markt-Huter, 16-09-2021