Jürgen Huber / Mey Huber, Max und Moritz. Frühe Streiche
Endlich einmal ein Buch, für das man den Begriff „Prequel“ verwenden kann. Dieser Begriff liegt bei den meisten Lesern brach im Kopf herum, weshalb es immer ein Festtag ist, wenn ein Prequel ausbricht.
Jürgen und Mey Huber haben sich überlegt, was mit Max und Moriz los gewesen ist, ehe diese von Wilhelm Busch ins Buch gereimt und gezeichnet worden sind. Zusammen mit ihren Kindern haben sie sieben frühe Streiche entwickelt, die sie mit entsprechendem Gelächter als Buch vorstellen. Da die Streiche vor den bereits bekannten von Wilhelm Busch spielen, spricht man von einem Prequel.
Nach 150 Jahren mit den Streichen fortzusetzen, die mittlerweile Kulturerbe geworden sind, ist eine haarige Angelegenheit. Die Illustrationen werden, da offensichtlich die Urheberrechte frei sind, im alten Stil geklont und mit modernen Graphik-Programmen fortgeführt. Aus dem vorhandenen Set an Gesichtsausdrücken, Standbildern und dramaturgischen Ikonen wird die M&M-Geschichte zurückgeschrieben bis in die Kindheit.
Tatsächlich treten im ersten Streich die beiden Helden als Babys auf und machen Terror im Gitterbett. Kaum sind sie des Krabbelns fähig, robben sie zur Großmutter und fressen ihr die Schlapfen auf.
Die Großmutter muss auch im nächsten Streich herhalten und Pferdeäpfel fressen, ehe sie von der Witwe Bolte als Opfer abgelöst wird, der man einen Stolperdraht vor die Füße spannt.
Die Frauen sind in jedem Alter die Opfer, auch das Mädchen Tine wird bei einem Streich kurz einmal in stacheliges Gebüsch verfrachtet. Es ist eben ziemlich riskant, sich in vergangene Jahrhunderte zurück zu beamen und mit dem Gesellschaftswissen der Gegenwart dennoch nicht zu gendern.
Endlich kriegt auch der Postler eines aufs Dach und eines ins Auge, indem man den zustellenden Kerl ganz gegen die Übereinkunft mit den Gewerkschaften mit dem Blasrohr vom Fahrrad holt. Ebenfalls gegen arbeitende Menschen gerichtet ist jener Streich, wo man einen Berufsfischer mitten im Teich absaufen lässt.
Die Reimerei ist gewöhnungsbedürftig und nur auszuhalten, weil es eben ein infantiler Übungsvorgang mit der Sprache ist.
Unten ist die Straße aus! / Tinchen sieht mit großem Graus / auf die Dornen, die dort wachsen, / und hat Angst um ihre Haxen (28)
Alles in allem zeigt dieser Frühe-Streiche-Band, wie klug, politisch und kunstvoll das Original ist. Und die Herausgeber der neuen Abenteuer erkennen dies ohnehin an, es ist ja nur Spaß, was sie da machen.
Jürgen Huber / Mey Huber, Max und Moritz. Frühe Streiche. Illustrationen von Paul Pauercomics, ab 10 Jahren
Wattens: Berenkamp Verlag 2016, 48 Seiten, 12,90 €, ISBN 978-3-85093-354-4.
Weiterführender Link:
Berenkamp Verlag: Jürgen Huber / Mey Huber, Max und Moritz. Frühe Streiche
Helmuth Schönauer, 22-01-2017