Paul Jaeg (Hg.), GlutDruck

Paul Jaeg, GlutDruck. Texte der Gruppe SinnenbrandWenn ein Projekt GlutDruck heißt, hört man es zischen und brodeln, da hat man noch nichts gesehen. Und dann dreht man das Buch und am hinteren Cover sieht man vier Künstler springen, musizieren, performen und diskutieren.

Die Gruppe Sinnenbrand setzt sich aus Peter Assmann (Linz), Ferdinand Götz (Bad Ischl), Paul Jaeg (Gosau) und Richard Wall (Engerwitzdorf) zusammen. Ihr Konzept besteht aus dem Verschmelzen von diversen Kunstgattungen zu einem Glutvulkan, der an bemerkenswerten Orten ausbricht.

Solche Ausbruchs-Orte sind beispielsweise die Außenstelle des Mauthausen-KZs in Ebensee, das Arbeitserziehungs- und Zigeuneranhaltelager St. Pantaleon-Weyer oder der Innenhof der Trakl-Gedenkstätte in Salzburg.

In der Dokumentation von sieben Inszenierungen sind jeweils die Texte angeführt, es folgen Fotomaterial und die Beschreibung des Aufführungskonzepts. Wie bei solchen Sessions üblich gibt es eine Struktur mit Schlüsselsätzen, es bleibt aber jede Menge Spielraum, vor allem, wenn das Publikum auch noch mitspielt.
In der Ebensee-Inszenierung sticht vielleicht der Schöpfungsbericht von Richard Wall hervor.

Während ohne Ameisen das Leben auf dem Planeten sofort zusammenbrechen würde, wäre ohne Homo sapiens das Gegenteil der Fall. (23)

In St. Pantaleon wird Paul Jaeg sagen:

Wenn ich vor dem Einschlafen / versehentlich an Kammern / für Folter denke, / zwinge ich mich anschließend / meine 50 Hölderlin-Zitate / aufzusagen. (64)

In Bad Ischl stößt Ferdinand Götz den Verzweiflungsschrei aus:

Mama, Mama, im Namen der Vernunft / und der Barmherzigkeit / stoppt diesen Wahnsinn, / dieses Stahlbad der Völker. (160)

Und in Salzburg wäscht Peter Assmann allen die Hände und murmelt dazu:

Ich habe alle Hände voll zu tun mit der Wahrheit. Wo es mir doch noch immer nicht gelingt, die Wahrheit einer Frage mit der Wahrheit meiner Antwort zusammenzuführen. Wenn unsere Wahrheit nicht nur bei uns bleiben sollte. (223)

Das Foto-Material zeigt eine Dynamik, die über jeden Bildansatz hinausgeht. Das Dargestellte und Dokumentierte ist nur der Zwischenspeicher, aus dem heraus das große Dokument der Inszenierung gespeist wird.

Während ein Stück Welt durch Inszenierung strukturiert wird, entwickelt das Publikum ein Besteck, mit dem es andere Stückchen von der Welt strukturieren kann. So gesehen ist die Gruppe Sinnenbrand eine didaktische Schmiede, in der die Werkzeuge der Erkenntnis geformt und geschärft werden. Da die Truppe ihre Stücke ständig weiterentwickelt, sind ihre Stücke immer scharf, ganz egal wie stumpf sich die Welt auch entwickelt.

Paul Jaeg (Hg.), GlutDruck. Texte der Gruppe Sinnenbrand, mit Doku-Fotos
Gosau: Arovell Verlag 2015, 261 Seiten, 14,90 €, ISBN 978-3-902808-79-0

 

Weiterführende Links:
Arovell Verlag: Paul Jaeg (Hg.), GlutDruck
Wikipedia: Paul Jaeg

 

Helmuth Schönauer, 08-02-2018

 

Bibliographie

AutorIn

Gruppe Sinnenbrand

Buchtitel

GlutDruck. Texte der Gruppe Sinnenbrand, mit Doku-Fotos

Erscheinungsort

Gosau

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Arovell Verlag

Herausgeber

Paul Jaeg

Illustration

Gruppe Sinnenbrand

Seitenzahl

261

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-902808-79-0

Kurzbiographie AutorIn

Peter Assmann, geb. 1963, lebt in Linz; Ferdinand Götz, geb. 1955, lebt in Bad Ischl;

Paul Jaeg, geb. 1949, lebt in Gosau; Richard Wall, geb. 1953, lebt in Engerwitzdorf.